Bring Me The Horizon und PVRIS in Köln
Bring Me The Horizon und PVRIS
Location: Palladium, Köln
Datum: 9.11.2015
Dass Oliver Sykes und seine Band BRING ME THE HORIZON eine längere Karriere haben könnten, haben 2007 nur wenige geglaubt. Das Deathcore-Debüt „Count Your Blessings“ in Verbindung mit den bunten Shirts und hippen Frisuren der Jungs hat viele Leute verschreckt. Die Band war der Inbegriff von „scene“, arbeitete seit dem aber schwer daran ernstgenommen zu werden und nicht nur auf den süßen Oli reduziert zu werden. Das 2013er Werk „Sempiternal“ ließ bereits erahnen, dass BRING ME THE HORIZON den Metalcore wohl den Rücken zukehren könnte, „That’s The Spirit“ ist der Beweis der These. Die Fans sind treu geblieben und viele neue sind dazugekommen. Das Album war weltweit ein erfolg und konnte in vielenLänden in den Top 10 landen. Auftritte bei der BBC oder hierzulande sogar Pro7 waren die Folge.
Die gesamte Europatour ist bis auf zwei Konzerte komplett ausverkauft gewesen. In Köln finden sich gut 4000 Fans ein. Von Zwölfjährigen in Begleitung ihrer Eltern bis Endzwanziger, die wohl schon bei „Count Your Blessings“ und „Suicide Season“ im Pit waren. Die erste Band BEARTOOTH verpasse ich leider, also geht es erst mit dem Electro-Rock-Act PVRIS (sprich: „Paris“) los. Die Band um Sängerin Lynn Gunn ist zum ersten Mal in Europa unterwegs, dennoch scheinen schon einige Nasen mit dem Material des Debütalbums „White Noise“ bekannt zu sein. Das Quartett legt ordentlich los und heizt dem bereits zahlreich versammelten Publikum gehörig ein. Besonders Gunn schafft es die Kids in ihren Bann zu ziehen. Stimmlich ist die junge Dame ebenfalls sehr gut dabei und es ist nahezu erfrischend in dieser Szene eine weibliche Stimme zu hören, die nicht wie PARAMOREs Hayley Williams klingt. Flotte Nummern wie das eingängige ‚My House‘ oder auch ‚St. Patrick‘ sind Futter für die hüpfenden Fans. Allerdings ist das Set mit sechs Songs für eine direkte Vorband dann doch etwas kurz, wie ich finde. Ein, zwei Nummern mehr hätten sicherlich nicht geschadet.
Nach einer etwas längeren Umbaupause gehen dann endlich die Hallenlichter aus und das Intro zu ‚Doomed‘ ertönt als BRING ME THE HORIZON die Bühne betreten. Es mutet erfrischend an, dass mittlerweile die gesamte Band Beifall bekommt und nicht mehr nur Sykes. Dieser ist dennoch deutlich der Mittelpunkt der Show. Jedoch steckt selbst er zurück, da die Videoleinwand im Hintergrund definitiv ein Blickfang ist. Gleichzeitig ist dadurch zunächst wenig Licht auf den Musikern und man nimmt oft nur ihre Silhouetten wahr. Der Sound im Palladium ist heute super und auch die Fans gehen ab dem ersten Refrain an steil. In seinen besten Zeiten geht der Moshpit bis zur Hallenmitte und wird nur vom Mischpult aufgehalten.
Die Setlist setzt deutlich die Schwerpunkte auf „That’s The Spirit“ und „Sempiternal“, die drei restlichen Alben werden bis auf die „Suicide Season“-Nummer ‚Chelsea Smile‘ nicht berücksichtigt. Offensichtlich ist übrigens, dass der Song von vielen scheinbar gar nicht mehr gekannt wird. Wenn ich mich an frühere Shows zurückerinnere, so war diese Nummer doch ein Garant für Eskalation im Pit. Über die Auswahl der Songs gibt es allerdings nichts zu motzen. Persönlich hätte ich zwar gerne noch die Indie-Pop-Nummer ‚Oh No‘ gehört, doch bleibt diese leider aus. Deutliches Highlight der 75 Minuten langen Show ist auf jeden Fall das abschließende ‚Drown‘ – die wohl möglich beste Komposition der Bandgeschichte.
BRING ME THE HORIZON 2015 ist allerdings deutlich zahmer als früher. Wo Sykes früher wie ein Wilder über die Bühne hopste, steht er heute gerne am Mikroständer und versucht die Töne zu treffen. Das schafft er sogar meistens oder er lässt sich vom Publikum, Keyboarder Jordan Fish und/oder Chören aus der Konserve helfen. Trotzdem: Für einen Typen, der oft nicht mal das Kreischen vom Debüt hinbekommen hat, hat er eine fantastische Entwicklung als Sänger durchgemacht. Einzig bei ‚Chelsea Smile‘ und dem etwas neueren Brecher ‚Antivist‘ gibt er noch einmal richtig Gas und wirkt direkt wieder ein paar Jahre jünger.
Über die Show gibt es aber eigentlich nichts zu motzen. Sehr gute Setlist, sehr gute Performance und sehr guter Sound für Palladium-Verhältnisse. Etwas mehr als 75 Minuten hätte die Band vor drei, vier Jahren auch nicht gespielt. Also alles in allem eine der vielleicht fünf besten Shows, die ich dieses Jahr besucht habe.
Text by Sebastian Berning
Englisch Version
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