Deafheaven mit Myrkur
Location: Gebäude 9, Köln
Datum: 23.03.2016
„Sunbather“ war wohl eines der am meisten gefeierten Metal-Alben dieses Jahrzehnts. 2013 konnte man sich auf so ziemlich jeder Besten-Liste im Internet platzieren. Auch das im Oktober 2015 erschienene zweite DEAFHEAVEN-Album „New Bermuda“ konnte gute Kritiken einheimsen und den Hype bestätigen. Von einer Eintagsfliege kann also nicht die Rede sein.
Dennoch sieht man im Publikum wenig überzeugte Metal-Fans, eher Kurzhaarige mit Shirts von Hardcore-Bands. Gut, das war irgendwie abzusehen. Das Kölner Gebäude 9 ist dennoch ausverkauft und platzt aus allen Nähten, als später DEAFHEAVEN auf der Bühne steht. Bei MYRKUR ist noch Platz in den ersten Reihen. Die Dänin tourt mit ihrer Live-Band zum ersten ersten Mal durch Europa. ‚Den Lille Piges Død‘ von der letztjährigen „Adult Swim Singles Program“-Compilation eröffnet die Blondine ihr Set noch recht ruhig. Dass sie neben feenhaftem Gesang auch harsches Gekreische kann beweist sie in den folgenden Songs von ihrem Debüt „M“ und der „Myrkur“ EP. Viel zu sagen hat man nicht, dafür bolzt man eine gute halbe Stunde durch das Set. Es ist erstaunlich, wie gut das ehemalige Chanel-Model zwischen klarem Gesang und Gekeife wechselt. Keine der beiden Vokalvarianten leidet unter dem Wechsel. Mit ‚Skadi‘ endet das Set dann. Neue Fans könnte man heute gewonnen haben, allerdings nicht jeden Besucher – dafür ist MYRKUR dann doch noch etwas zu traditionell.
Nach einer Umbaupause färbt sich die Bühne orange und DEAFHEAVEN betritt die Bühne. Nach ein paar Glockenschlägen legt man mit dem genialen „New Bermuda“-Opener ‚Brought To The Water‘ los. Der Sound ist super, die Gitarren klingen glasklar und man kann einige rhythmische Details raushören, die auf dem Album teils untergingen. Auch der Gesang von Kreischhals George Clarke ist druckvoll. Da hatte ich vorher befürchtet, dass die Stimmleistung eher dünn sein könnte. Clarke ist zudem der Mittelpunkt der Show. Wo seine Mitmusiker eher ruhig an Ort und Stelle stehen bleiben, geht der Sänger nach vorne. Er headbangt, er tänzelt, er beugt sich in die ersten Reihen. Sein schwarzes Hemd ist schon nach dem ersten Song völlig durchgeschwitzt.
Die Setlist ist keine wirkliche Überraschung, da man die komplette „New Bermuda“-LP von vorne bis hinten spielt. Ein wirkliches Highlight oder einen Publikumsliebling auszumachen, ist schwer, da alle Songs gleich frenetisch aufgenommen werden. Sicherlich hätten sich viele Anwesende mehr „Sunbather“-Songs gewünscht, zumal die Band zumindest in NRW noch nie vorher auf Tour war und sich generell recht rar gemacht hat bis auf ein paar Einzelshows und Festivalauftritte. All jenen bleibt nur das abschließende ‚Dream House‘, welches mit seiner Intensität für wohlige Schauer sorgt.
Etwas mehr als 60 Minuten steht DEAFHEAVEN auf der Kölner Bühne. Gerne hätte es noch länger sein können. Ein weiterer „Sunbather“-Song oder gar was altes von der Demo oder dem Debüt „Roads To Judah“, aber man kann wohl nicht immer alles haben. Die Show war auch so mehr als gelungen und sicherlich eines der besten Metal-Konzerte, welches ich je erlebt habe.
Sebastian Berning